Donnerstag, 12. Dezember 2013

Die Macht und Freiheit des Menschen: Gott hat uns ohne uns erschaffen, doch er befreit uns nicht ohne uns


Fortsetzung (Teil 3) des Gebetes der hl. Katharina von Siena zum Geheimnis der Menschwerdung Gottes (Mariä Verkündigung):

O Maria, schau dieses Wort, wie es dir anvertraut wird und dir einwohnt! Trotzdem bleibt es nicht vom Vater getrennt, so wie auch das Wort, das der Mensch im Geiste bildet, keineswegs aufhört, im Innern zu sein, obgleich es nach außen anderen mitgeteilt wird. Darin zeigt sich die Würde des Menschen, für den Gott so viele große Dinge getan hat.

In dir, o Maria, zeigt sich die Macht und Freiheit des Menschen. Nach der Beratschlagung des erhabenen göttlichen Ratschlusses wurde der Engel zu dir gesandt, um dir das Geheimnis des göttlichen Ratschlusses zu verkünden und deine Zustimmung einzuholen. Der Sohn Gottes stieg nicht eher in deinen Schoß herab, bevor du nicht mit deinem Willen zugestimmt hattest. Er wartete an der Pforte deines Willens, ob du ihm öffnen würdest, wenn er zu dir kommen wollte. 

Er wäre dort nicht eingetreten, wenn du ihm nicht geöffnet hättest, als du sprachst: "Sieh, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Worte" (Luk 1,38). Hier zeigt sich offen Macht und Freiheit des Willens, ohne den weder Gutes noch Böses zustande kommen kann. Weder ein Teufel noch ein Geschöpf kann ihn zur Todsünde zwingen, wenn er nicht will, wie auch niemand ihn nötigen kann, das Unvollkommenere zu tun, wenn er sich weigert. 

Der Wille des Menschen ist also frei, da niemand ihn weder zum Guten noch zum Bösen ohne seine Zustimmung zwingen kann.

O Maria! Die ewige Gottheit klopfte an deine Pforte. Wenn du ihr nicht die Türe deines Willens geöffnet hättest, wäre Gott nicht in dir Mensch geworden. Schäme dich also, meine Seele, wenn du siehst, wie Gott in Maria einen Bund mit dir geschlossen hat. Heute zeigt er dir, wie du nicht ohne dich gerettet wirst, wenn er dich auch ohne dich erschaffen hat. Denn heute klopft er an die Tür des Willens Mariens und erwartet, dass sie ihm öffnet.

O Maria, meine süßeste Liebe!
In dich hat sich das Wort eingeprägt, das uns die Lehre des Lebens gab. Du bist die Tafel, in die er diese Lehre eingrub.

Wie ich sehe, war dieses Wort, kaum, dass es in dich eingeschrieben war, nicht ohne heilige Begierde nach dem Kreuze. Kaum war es in dir empfangen, so wurde es schon von dem Verlangen ergriffen,  für das Heil des Menschen zu sterben, für den es in dir Fleisch annahm. Daher war es ein Kreuz für ihn, dieses Verlangen so lange Zeit zu tragen, weil er gewünscht hätte, es gleich verwirklicht zu sehen.


aus: Katharina von Siena - Gebete; Übertragen und eingeleitet von P. Dr. Joseph Maria Scheller O.P.; Albertus-Magnus Verlag Vechta i.O.; AD 1936, S. 151ff, Von Mariä Verkündigung (s. Quellen)


Teil 1, Teil 2 und Teil 4 des Gebetes



Weiteres zur und von der hl. Katharina von Siena:



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