Freitag, 13. Juni 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 27: Der Priestermangel (2)

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie


Teil 27

Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


Fortsetzung von hier

Gründe des Priestermangels (Forts.)

c)  Diakonat und Priestertum der Frau

Das Priestertum ebenso wie der Diakonat ist aus inneren Gründen und wegen der ununterbrochenen Tradition zwingend dem Mann vorbehalten (c. 1024). Gegen diesen Bestandteil des göttlichen Rechts  laufen der Progressismus und der Feminismus seit vielen Jahren Sturm.

Die einen fordern (vorläufig) nur den Diakonat, die anderen auch das Priestertum der Frau. Die Zahl der Stimmen, die sich für den Frauendiakonat aussprechen, ist nicht mehr zu zählen. ich nenne den Tübinger Theologen Peter Hünermann und den Bonner Dogmatiker Hans Jorissen (20), Frau Hanna-Renate Laurien (21) und Frau Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz (22) sowie den sogenannten "Katholischen Deutschen Frauenbund" (23).

In Bendorf tagte die Arbeitsgemeinschaft "Feminismus und Kirchen" mit dem Thema "Ekklesia der Frauen" (24). Der Verein "Diakonat der Frau" ist in 17 Diözesen tätig (25). Auf dem Stuttgarter Kongress für den Frauendiakonat verkündete der Tübinger Dogmatiker Hünermann, die Forderung stehe "in Übereinstimmung mit der Deutschen Bischofskonferenz" (26). In der Tat ermutigte Bischof Lehmann Vorstöße für den Diakonat der Frau (27).

Andere gehen weiter. Rita Waschbüsch fordert die Priesterweihe für Frauen (28). Nach Bischof Lehmann ist die Argumentation für den Vorbehalt des Priestertums für den Mann "haltlos und kraftlos" (29). Das heißt doch wohl nichts anderes, als dass die Bestimmung willkürlich ist und in der Luft hängt.

Als die Altkatholiken sogenannte Priesterinnen zu weihen sich anmaßten, schwiegen die Deutsche Bischofskonferenz und ihr ansonsten so beredter Vorsitzender (Anm.: damals: Bischof Karl Lehmann, Mainz). Die "Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands" und der "Katholische Deutsche Frauenbund" sprachen ihre Glückwünsche aus (30). 

Diese Haltung ist konsequent. Wer nicht mehr weiß, was die Weihe im Geweihten wirkt, dem fehlt das Verständnis für den Ausschluss der Frauen vom Priestertum.

d)  Die Schuld der Bischöfe

Der Priestermangel führt die deutschen Bischöfe fortwährend zu neuen Überlegungen, wie die Seelsorge in der Zukunft gewährleistet werden kann, aber er veranlasst sie nicht dazu, die Ursachen des Mangels zu erkennen und zu beseitigen.

Sie weisen auf alle möglichen vordergründigen Erscheinungen hin, aber ihre eigene Schuld an den Verhältnissen räumen sie nicht ein. Statt sich zu bekehren, stellen die deutschen Bischöfe "die Frage nach neuen Zugangswegen zum Priestertum" (Der pastorale Dienst in der Pfarrgemeinde IV,1). Diese verschleiernde Redeweise kann doch wohl nur bedeuten: Abschaffung der priesterlichen Enthaltsamkeit. Auf diese Weise suchen die Bischöfe die Unfähigkeit der nachkonziliaren Kirche zu vertuschen, genügend Priester nach dem Herzen Jesu hervorzubringen.

Das Papier "Der pastorale Dienst in der Pfarrgemeinde" geht wie fast alle Äußerungen der deutschen Bischofskonferenz auf die entscheidenden Ursachen des Priestermangels nicht ein. Die wahren Gründe für den Priestermangel werden verschwiegen, weil sie für die Bichöfe vernichtend wären. Denn sie sind es, die durch Tun und Unterlassen die Hauptschuld am Priestermangel tragen. Darum sei es ihnen an dieser Stelle noch einmal in aller Öffentlichkeit gesagt:

Wenn man den Priestermangel geradezu züchten will, dass muss man mit dem Priestertum so umgehen, wie es die Bischöfe seit Jahrzehnten tun. Sie haben die progressistischen Theologieprofessoren ihre Unheilssaat ausstreuen lassen. Sie haben die Pfarrgemeinderäte ins Leben gerufen, die sich nicht selten als Neben- oder Gegeninstanz zum Priester verstehen. Sie haben weibliche Ministranten eingeführt. Der damalige Bischof von Eichstätt, Karl Braun, bemerkte bei ihrer Zulassung, "die Sorge um Priesterberufe" dürfe dadurch "keinerlei Beeinträchtigung erfahren" (31). 

Die Bischöfe haben sich als unfähig erwiesen, eine zahlenmäßig ausreichende, auf der Höhe ihrer Berufung stehende Priesterschaft heranzubilden. Die hohe Zahl von Pfarrstellen, die nicht mit zölibatären Priestern besetzt werden können, erhebt Anklage gegen die Amtsführung der deutschen Bischöfe.

e)  Mängel in der Ausbildung

Soweit mein Blick reicht, muss ich die Feststellung treffen: Die deutschen Priesterseminare sind fast ausnahmslos ihrer Aufgabe nicht gewachsen (32). In vielen Priesterseminaren erfährt die Berufung junger Männer keine Förderung sondern eine Erschütterung. Wer das Priestertum in der Gesinnung anstrebt, die der regierende Papst (Anm.: Johannes Paul II.) unermüdlich verkündigt und fordert, gerät in Gefahr, unter Druck gesetzt oder entlassen zu werden.

In der Diözese Chur war es vor der Ernennung des Bischofs Haas üblich, dass Priesterkandidaten und angehende Pastoralassistenten gemeinsam in einem Haus untergebracht waren, das trotz dieser Mixtur den Namen Priesterseminar führte.

Beten um Priesternachwuchs ist gut, ist notwendig, ist unerlässlich. Aber Beten allein reicht nicht aus. Es müssen eine Menge anderer Faktoren zusammenkommen, um ein Klima zu schaffen, in dem Berufungen gedeihen können.


(20)  Deutsche Tagespost Nr. 42 vom 5. April 1997 S. 4
(21)  Glaube und Leben vom 12. Mai 1996 S. 2
(22)  Nachdenkliches zum Diakonat der Frau: Internationale katholische Zeitschrift "Communio" 25, 1996, 534-542
(23)  Glaube und Leben Nr. 16 vom 20. April 1997 S.2
(24)  Glaube und Leben Nr. 21 vom 25. Mai 1997 S. 6
(25)  Glaube und Leben Nr. 3 vom 19. Januar 1997 S. 13; Nr. 15 vom 13. April 1997 S. 5
(26)  Deutsche Tagespost Nr. 42 vom 5. April 1997 S. 4
(27)  Deutsche Tagespost Nr. 148 vom 10. Dezember 1996 S. 4; Glaube und Leben Nr. 41 vom 13. Oktober 1996 S. 2, S. 11
(28)  FAZ vom 24. Mai 1996 S. 5; Deutsche Tagespost Nr. 144 vom 30. November 1996 S. 15
(29)  Deutsche Tagespost Nr. 52/53 vom 29. April 1997 S. 7
(30)  Materialdienst 47, 1996, 105
(31)  Pfarramtsblatt 68, 1995,128
(32)  May, das Priestertum in der nachkonziliaren Kirche 10-15


(Anm.: Links wurden von mir hinzugefügt.)

Fortsezung folgt





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