Donnerstag, 2. August 2012

Unbarmherziges Kirchenrecht

Einen äußerst wichtigen Aspekt in gegnwärtigen Diskussionen um Forderungen, die, meistens mit der Begründung, die Gesetze der Kirche würden der heutigen Lebenswirklichkeit nicht mehr gerecht, gestellt werden, hat Mag. theol. Michael Gurtner in einem Beitrag auf kath.net in den Blick genommen.

Es geht um die Bedeutung des Kirchenrechts (CIC), um seinen Anspruch und seine mögliche Anpassung an heutige zeitgeistige Stömungen. Die Forderung mancher Kreise nach einer solchen Anpassung geht oft einher mit dem Ruf nach "Barmherzigkeit" und dem Vorwurf an die Kirche, sie sei unbarmherzig und ihre Ansprüche an die Menschen würden gutgemeinten pastoralen Ansätzen nicht entsprechen. Genau das Gegenteil aber ist der Fall: "Die Gläubigen haben ein natürliches Recht darauf, daß Glaube und Kult in der Kirche rein, vollständig und unverfälscht gepflegt und praktiziert werden" und auch deshalb sei die "Anwendung des kirchlichen Rechtes eine zutiefst pastorale Tat".

Gurtner unterscheidet im Kirchenrecht verschiedene Bereiche: die einen, die das Leben in einer großen Gemeinschaft von Menschen (societas humana) innerweltlich in eine Ordnung bringen und die anderen, "welche direkt oder indirekt die heiligen Sakramente oder die Kirche selbst zum Inhalt haben." Um letztere geht es hier.

Dazu erläutert Mag. Gurtner:

"Das Dogma geht dem Gesetz voraus und gibt ihm seine Grundgestalt. Nicht der Zeitgeist oder das Mehrheitsvotum bestimmen was im sakramentalen und dogmatischen Bereich rechtens ist, sondern allein die Wahrheit, welche als solche immer von Gott, dem Schöpfer aller Dinge, entstammt. Würde man also das Kirchenrecht gegen die dogmatischen Gegebenheiten auszuspielen versuchen, so würde das nichts anderes bedeuten, als sich gegen Gott selbst zu stellen. Nicht weil er das Kirchenrecht als solches eingesetzt hätte, aber doch weil das Kirchenrecht die von Gott geoffenbarten Dinge zu schützen hat."

Und weiter:

"Es denkt deshalb falsch, wer meint, das Kirchenrecht sei „Schuld“ an der Praxis, wie sie die Universalkirche im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen vorschreibt, um nur ein ständig diskutiertes Beispiel zu benennen. Es ist keine Frage des Kirchenrechtes, sondern der Sakramententheologie, welche dann im Kirchenrecht rezipiert wird und dort ihren rechtlichen Ausdruck findet. (...)

Das Kirchenrecht schützt die Menschen letztlich vor der Willkür Zeitgeistiger, welche die ewigen Wahrheiten Gottes durch die vergänglichen Strömungen des gegenwärtigen Augenblickes ersetzen wollen. Dieses natürliche Recht der Gläubigen ist es auch, welche die Rechtspflege und die Anwendung des Kirchenrechtes nicht zu einer fakultativen Sache macht, sondern zur strengen Pflicht der Verantwortlichen."

Gurtner stellt denn auch fest, dass es nicht möglich ist, die Vorschriften des Kirchenrechts durch Mehrheitsbeschlüsse oder aus "pastoralen Erwägungen" ändern zu wollen, da es sich eben nicht um willkürlich von Menschen aufgestellte Regeln, sondern um den Willen und die Gebote Gottes gehe.

"Doch unabhängig davon, ob es Mehrheiten oder Minderheiten sind: Forderungen wie jene nach dem Frauenpriestertum, nach der Abschaffung der Zugangsbedingungen zur Heiligen Kommunion, der Leitung der Pfarreien und anderer kirchlicher Einrichtungen durch Laien, der Sakramentenspendung durch Laien, der Laienpredigt, der kirchenrechtlichen Legitimation einer zweiten Ehe nach Scheidung etc. sind Dinge, welche nicht durch Beschluß geändert werden können. Es handelt sich bei der rechten Handhabung dieser Fragen um ein absolutes Recht der Gläubigen, auf welches sie jedoch auch nicht einfach verzichten können, weil die Sache selbst theologisch gebunden ist" so der Theologe und er resümmiert:

"Deshalb ist die Anwendung des kirchlichen Rechtes eine zutiefst pastorale Tat, das Recht minderzuachten, zu vernachlässigen oder zu negieren würde bedeuten, ein schlechter Hirte zu sein, die ihm von der Kirche übertragenen Aufgaben zu vernachlässigen und somit zutiefst unpastoral zu handeln..."

(Hervorhebungen durch Fettdruck von Admin)
 

Den ganzen Beitrag findet man hier:


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